Wie wichtig ist Nachhaltigkeit für Unternehmen?
Nachhaltig zu wirtschaften macht Unternehmen zukunftsfähig. Die Folgen des Klimawandels werden wir in den nächsten Jahren erst richtig zu spüren bekommen. Viele Unternehmen haben sich deshalb schon seit Jahren auf Nachhaltigkeitsziele vorbereitet und investiert.
Wie schätzen Sie die unternehmerische Nachhaltigkeit in der EU im Vergleich zu anderen Wirtschaftsregionen der Welt ein? Sind Unternehmen in der EU führend oder hinken sie hinterher?
Die EU führt auf jeden Fall im Bereich der Regulierung. Mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung und dem Lieferkettengesetz sind Nachhaltigkeitsstandards für europäische Unternehmen verpflichtend geworden, die anderswo freiwillig gelten. Unter den nachhaltigsten Unternehmen findet man viele europäische, aber auch amerikanische, australische oder taiwanische Unternehmen.
Ist die Ausweitung der Nachhaltigkeitsanforderungen für Unternehmen ein Vorteil im internationalen Wettbewerb oder benachteiligt es Unternehmen in der EU?
Im ersten Schritt kann Regulierung einen Nachteil bedeuten, vor allem da sie sehr bürokratisch ausgelegt wird und Unternehmen viel kostet. Allerdings ist diese Investition langfristig ein Vorteil, da man in resilientere Lieferketten investiert und Kunden, Investoren und globale Standards die Daten ebenso einfordern.
Immer mehr Unternehmen sind verpflichtet, über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu berichten. Welche Rückmeldungen erhalten Sie von Unternehmen dazu? Sehen diese die Vorteile oder überwiegen die Nachteile und was hören Sie konkret am häufigsten an Argumenten?
Die meisten Unternehmen sind von der Masse der Nachhaltigkeitsmaßnahmen, vor allem der Berichterstattung, überfordert und halten diese für nicht zielführend, sondern rein bürokratisch. Der Anteil der Unternehmen, die die Nachhaltigkeitsberichterstattung abschaffen wollen, fällt allerdings geringer aus. Vielmehr ist es im Interesse aller, die Masse an Datenpunkten zu reduzieren und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich denke man kann aus 1.000 Datenpunkten auch 150 machen, ohne die Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsziele zu reduzieren.

Welche weiteren Berichtspflichten für Unternehmen sind für die Zukunft geplant?
Erstmal keine. Viel mehr plant die Kommission, die bürokratischen Pflichten für Unternehmen zu reduzieren.
Was hat die Verpflichtungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung bisher gebracht?
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird ja gerade erst in nationales Recht umgesetzt und die ersten Unternehmen fangen jetzt erst an zu berichten, deshalb hat sie bisher noch gar nichts gebracht. Grundsätzlich sollte die CSRD natürlich dafür sorgen, dass Unternehmen ambitioniertere Nachhaltigkeitsziele in ihr Unternehmen integrieren und letztlich Kapitalflüsse auf nachhaltige Investitionen umzulenken, um ein nachhaltiges und inklusives Wachstum zu erreichen.
Welche Hoffnung, die damit verbunden waren, haben sich nicht erfüllt?
Wie gesagt bleiben die Auswirkungen der CSRD erst noch abzusehen. Aber in jedem Fall hat sich eine Balance zwischen Nutzen und Bürokratie nicht erfüllt, da die Bürokratie aktuell noch deutlich überwiegt.
Wie entstehen die Regeln für die Nachhaltigkeitsberichterstattung? Wie kann ich mir einen solchen Prozess von den Anfängen bis hin zu einem endgültigen Regelwerk vorstellen? Wer hat die ursprüngliche (und vielleicht sehr einfache) Idee? Wie lange dauert es von dieser Idee bis zu dem Punkt, an dem etwas an die Mitgliedstaaten übergeben wird, und wie viel von der ursprünglichen Idee bleibt während der vielen Sitzungen und Kompromisse auf der Strecke?
Die Europäische Kommission hat einen Gesetzesentwurf vorgeschlagen, der dann mehrere Monate im Parlament und Rat verhandelt wurde, bis es im Trilog der drei Institutionen zu einer Einigung kam. Wie viel vom ursprünglichen Text übrig bleibt, liegt an der Qualität des ursprünglichen Entwurfes sowie an der Menge an polarisierenden Aspekten. Grundsätzlich bleibt aber meist die Grundstruktur des Kommissionstextes erhalten.
Welchen Einfluss können Unternehmen bei der Gestaltung der Regularien nehmen und haben auch kleinere Unternehmen die Möglichkeiten, sich einzubringen?
Unternehmen können sich zunächst in den Konsultationen der Kommission einbringen sowie den zuständigen Abgeordneten im Parlament und zuständigen Stellen im Rat Input liefern. Auch viele kleinere Unternehmen sind durch ihre europäischen Verbände in Brüssel vertreten.
Weitere Infos über Axel Voss und seine Arbeit gibt es unter www.axel-voss-europa.de
Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch in Betrieben wird nachhaltiges Handeln immer wichtiger. Doch wie zeigt sich Nachhaltigkeit im täglichen Betrieb? Welche Auswirkungen gibt es für Mitarbeitenden und die Geschäftsführung? Bringen die unterschiedlichen Aktivitäten, was von ihnen erwartet wird?
432Hz hat im Rahmen seines Themen-Specials „Nachhaltigkeit 2025“ verschiedene Expert*innen aus unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen, der Finanz- und Versicherungswelt sowie der Politik befragt und sie um ihren ganz persönlichen Blick auf die Welt der unternehmerischen Nachhaltigkeit gebeten, darunter Karl-Heinz Weber von der Sparkasse Koblenz, Christiane Zügner von der Handwerkskammer Koblenz, Jens Metzinger von der Debeka, Svetlana Thaller-Honold von BarmeniaGothaer EU-Politiker Axel Voss und Daniel Caspary sowie einige mehr.
Die Beiträge erscheinen nach und nach im 432Hz-Blog. Abonnent*innen unseres Newsletters haben später die Möglichkeit, alle Artikel, ergänzt mit nützlichen weiteren Informationen rund um die unternehmerische Nachhaltigkeit als umfangreiches PDF herunterzuladen.