Welche Aufgaben müssen Sie als Nachhaltigkeitsbeauftragter tagtäglich bewältigen?
Ein großer Teil meiner Arbeitszeit ist mit Kommunikation und Informationsvermittlung verbunden. Dazu zählt. sowohl interne als auch externe Gruppen entsprechend zu versorgen, damit die unterschiedlichen Anspruchsgruppen passgenaue Informationen zu unseren Nachhaltigkeitsaktivitäten erhalten. Ich kümmere mich aber auch um die Konzeption von Weiterbildungsangeboten. Dazu habe ich mit meiner Kollegin und weiteren Kolleg*innen aus der Debeka-Akademie ein Lernprogramm entwickelt, das sich an alle Mitarbeitenden hier bei der Debeka richtet. Dabei geht es darum, das Thema Nachhaltigkeit umfassend im Unternehmen zu verankern.
Neben den kommunikativen Aspekten kümmern wir uns hier im Team aber auch um regulatorische Anforderungen. Wir koordinieren die nötige Umsetzung, behalten Abgabefristen im Auge und achten auf die Einhaltung der Vorgaben.
Wichtig ist uns im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung, nicht nur jährlich einen Bericht zu verfassen, um die Anforderungen zu erfüllen, sondern wir verstehen die Vorgaben auch als Impuls, der Nachhaltigkeit im Unternehmen noch mehr verankert.
Wie genau kann ich mir das Lernprogramm, das Sie entwickelt haben, vorstellen?
Der Kerngedanke des Weiterbildungsangebots ist die Vermittlung unserer Nachhaltigkeitsaktivitäten und damit verbundener Auswirkungen an die Mitarbeitenden. Wir haben das in vier Ebenen – weltweit, europaweit, deutschlandweit, Debeka-weit bezogen– gegliedert. Für jede Ebene haben wir verschiedene Informationen und Themen aus den ESG-Bereichen zusammengestellt und entsprechend aufbereitet. Natürlich betrachten wir das jeweils aus dem Blickwinkel einer Versicherung und beschäftigen uns zum Beispiel damit, inwieweit sich Nachhaltigkeit auf unsere Kapitalanlagestrategie auswirkt.
Das Ziel des Programms ist, das Know-how in Bezug auf die Nachhaltigkeit bei der Debeka weiter zu heben. Wichtig ist uns dabei, dass die Mitarbeitenden in ihrem Tempo arbeiten können. Unsere Schulungen dauern in aller Regel über eine Stunde, aber die Informationen gibt es natürlich auch außerhalb unserer Schulungen, sodass die Mitarbeitenden jederzeit darauf zugreifen können.
So stellen wir sicher, dass sich die Menschen im Unternehmen grundlegende Infos selbst erarbeiten und wir dann an den Stellen, an denen es spezieller wird, mit unserer Expertise bereitstehen.
Was bedeutet unternehmerische Nachhaltigkeit für Sie konkret?
Im Grunde heißt Nachhaltigkeit, ganz klassisch im Sinne der Corporate Social Responsibility, ein Unternehmen so auszurichten, dass es langfristig besteht und dabei die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung lebt. Das entspricht der eigentlichen Bedeutung des Wortes Nachhaltigkeit. Aber natürlich geht es um viel mehr Ebenen, auf denen sich nachhaltiges Handeln zeigt. Die Unternehmenspolitik wirkt sich auf unterschiedliche Geschäftsbereiche aus und man stellt sich z.B. die Frage, wo man einen Hebel ansetzen kann, um Umweltbelange stärker zu beachten oder um die Sozialbelange in den Vordergrund zu stellen. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass es sich dabei nicht um bloße Symbolpolitik handelt, sondern dass ein Unternehmen tatsächlich nachhaltig agiert.
Für uns bei der Debeka heißt das, Nachhaltigkeit sehr umfassend zu betrachten und zu schauen, wie und wo wir betriebliche Nachhaltigkeit konkret umsetzen können.
Ein erster Schritt auf diesem Weg war der Wechsel auf Ökostrom, also Strom, der nachhaltig erzeugt wird. Als nächstes ging es daran, die Emissionen der Debeka zu messen und zu erfassen, um eine solide Datenbasis für zukünftige Entscheidungen aufzubauen.
Wir haben uns ein ambitioniertes Ziel gesetzt und wollten innerhalb von vier bis fünf Jahren 25 % unserer CO2-Emissionen einsparen. Wir befinden uns auf einem guten Weg, diesen Meilenstein zu erreichen.
Auch im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit haben wir uns anspruchsvolle Ziele gesetzt und lassen das Thema in der Personalarbeit und beim Recruiting einfließen, damit wir auch insoweit als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Wir haben unterschiedliche Maßnahmen initiiert und sind vor Kurzem der Charta der Vielfalt beigetreten. Auch das Thema Diversität wird im Unternehmen entwickelt.
Es gibt also eine Vielzahl an Nachhaltigkeitsaspekten, die bei der Debeka behandelt werden und wir freuen uns, dass wir einige davon aus unserem Bereich heraus angestoßen zu haben.
Wir hoffen, dass wir auch andere Unternehmen dazu inspirieren, den Weg der Nachhaltigkeit zu beschreiten.

Wie wirken sich die Nachhaltigkeitsbestrebungen der Debeka auf den Bereich der Kapitalanlagen und Investition aus?
Nachhaltigkeit hat auch in diesem Bereich einen sehr großen Einfluss, denn wir reden ja über nennenswerte Investitionsvolumina, die hier zum Tragen kommen. Das wird in den Anlageentscheidungen entsprechend berücksichtigt und trägt zur Risikominimierung bei. Bei der Kapitalanlage reduzieren wir Risiken, indem wir verantwortungsvoll investieren und strenge Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. Dabei stehen auch Aspekte wie der Klimaschutz im Vordergrund.
Aus manchen politischen Lagern ist immer wieder zu hören, dass die Aufgaben und Auflagen, die sich aus dem Klimaschutz ergeben, einen wirtschaftlichen Nachteil darstellen. Wie sehen Sie das?
Ich sehe eher die vielen Vorteile, die sich ergeben. Auch in der Betrachtung vieler anderer Versicherungen stelle ich fest, dass diese Frage dort gar nicht mehr gestellt wird. Ein Blick in die Kapitalanlagestrategien der Unternehmen zeigt sehr deutlich, dass nachhaltiges Handeln Rendite nicht per se minimiert, sondern eher für Verlässlichkeit und Sicherheit steht.
Im produzierenden Gewerbe mag das anders aussehen, denn die Umstellung auf klimafreundliche Produktionsprozesse ist mit teils hohen Investitionen verbunden.
Ein Blick in die Kapitalanlagestrategien der Unternehmen zeigt sehr deutlich, dass nachhaltiges Handeln Rendite nicht per se minimiert, sondern eher für Verlässlichkeit und Sicherheit steht.
Im Einklang mit dem EU-Aktionsplan unterstützen wir mittelbar die Transformation von Unternehmen und gewähren auch weiterhin den Versicherungsschutz für Gewerbebetriebe.
Aber wir betrachten bei unseren Entscheidungen natürlich immer auch die betriebswirtschaftliche Seite, alles andere wäre nicht zielführend. Und letztlich zeigt sich dabei, dass es sich lohnt, in Nachhaltigkeit zu investieren, da die Zukunftsprognosen, in Bezug auf die Kosten des Klimawandels, düster sind.
Letztlich entscheidend ist, sich auf den Weg zu machen und zu akzeptieren, dass der Klimawandel große Veränderungen mit sich bringt. Wer sich dagegen verwehrt, wird vermutlich von anderen überholt werden.
Worin liegen aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen und Probleme bei der unternehmerischen Nachhaltigkeit?
Die Regulatorik, die sich durch Nachhaltigkeit für Unternehmen ergibt, ist eine Herausforderung. Sie erfreut niemanden, aber andererseits sorgt sie dafür, dass Themen vorangetrieben werden und Entwicklungen beginnen. Aber der Aufwand, der damit verbunden ist, ist schon enorm. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der neuen EU-Richtlinie ist dafür ein sehr gutes Beispiel, denn damit werden viele Umsetzungsaufgaben auf die Unternehmen übertragen. Mit den neuen Vorgaben wollte die EU eigentlich fehlende Informationen, die in der CSR-Richtlinie nicht enthalten waren, erheben. Aber leider hat es der Gesetzgeber ein bisschen zu gut gemeint und die Anforderungen stark erhöht. Damit soll Transparenz geschaffen werden und Berichte von Unternehmen sollen vergleichbar werden, was ich sehr begrüße. Aber ob das alles zu den gewünschten Effekten führt, wird sich vermutlich erst in den kommenden Jahren zeigen. Die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht ist bisher noch nicht erfolgt.
Zudem müssen Unternehmen die Inhalte ihrer Berichte auch herunterbrechen, um sie kommunikativ für ihre Stakeholder nutzen zu können. Das ist wichtig, um die gewünschten Zielgruppen zu erreichen, aber es ist eben auch ein zusätzlicher Aufwand, zumal es dabei die Greenwashing-Vorgaben zu beachten gilt. Wobei ich es gut finde, dass Berichte auf Kennzahlen und Daten beruhen und Aussagen überprüfbar sein müssen. Gut ist auch, dass die Kommunikation nicht mehr nur Buzz-Worte wie „nachhaltig“ oder „ökologisch“ verwenden darf, ohne zu erklären, was das in den Bereichen E, S und G dann konkret bedeutet.
Eine weitere Herausforderung bei der Berichterstattung sind die fehlenden sektorspezifischen Ansätze. Wir müssen als Versicherung dieselben Anforderungen erfüllen, wie das produzierende Gewerbe oder wie andere Dienstleistungsbereiche, die von ihrem Geschäftsmodell komplett anders sein können.
Wie stehen Ihre Kund*innen zum Thema Nachhaltigkeit?
Es gibt Entwicklungen in der Branche, bei denen mehr Nachhaltigkeit in den Produkten integriert wird, auch wenn die Nachfrage noch nicht hoch erscheint.
Wir haben bei der Debeka ESG-Kriterien in unsere Produkte integriert, die wir in den vergangenen Jahren mehrfach nachgeschärft und verbessert haben.
Was wir aber durchaus feststellen sind Anfragen nach unseren Investmentportfolios, wobei Kund*innen wissen möchten, worin wir Gelder investieren. Aber auch hier ist die Anzahl der Anfragen noch überschaubar.
Wir stellen Nachhaltigkeitsinformationen zu unseren Produkten und Aktivitäten auf unsere Website, damit Interessierte sich informieren können.
Welche Rolle spielen Nachhaltigkeitsaspekte bei Investitionsentscheidungen der Debeka?
Seit 2019 wurden für Kapitalanlagen die ESG-Kriterien eingeführt und damit auch ein normbasiertes Screening. Im Investitionsprozess prüfen wir dementsprechend die Titel, die wir erwerben wollen, beziehungsweise in die wir nicht investieren.
Wir prüfen eventuelle ESG-Risiken und schauen uns an, wie ein Emittent die ESG-Kriterien erfüllt. Über entsprechende Ausschlusslisten werden so bestimmte Investitionen verhindert, wenn z.B. ein schwerwiegender Vorfall existiert, kommt ein Investment nicht zustande. Wir nutzen dazu eine Flaggen-Logik mit roter, gelber und grüner Flagge und solange eine Thematik nicht geklärt und die Flagge auf grün gesetzt ist, dürfen wir dort nicht investieren.
Schränkt das die Auswahl der möglichen Investitionsfelder nicht stark ein?
Natürlich wird die Auswahl dadurch geringer und manchmal betrifft es auch Aktien von sehr großen Unternehmen, die z.B. durch eine Verdachtsproblematik beim Thema Menschenrechte plötzlich eine gelbe oder rote Flagge bei uns erhalten. Solange dieser Verwurf nicht geklärt und ausgeräumt ist, solange investieren wir bei roten Flaggen in diese Titel auch nicht. Zum Glück bietet der Markt aber Alternativen und letztlich wird die Arbeit der Kolleginnen dadurch nicht wesentlich erschwert.
Hier hilft uns auch, dass sich immer mehr Firmen nachhaltiger aufstellen.
Wie nehmen die Mitarbeitenden der Debeka die nachhaltige Entwicklung auf?
Das Thema wird grundsätzlich positiv wahrgenommen und akzeptiert. Natürlich löst es nicht überall Begeisterung aus, aber viele Mitarbeitende sind sehr engagiert und melden sich auch mit konkreten Fragestellungen und Vorschlägen. Wir sehen im Bereich Personal durchaus, dass Nachhaltigkeit, vor allem im Bereich Social schon Anreize sowohl für Mitarbeitende als auch Interessierte setzt. Ich gehe davon aus, dass wir hier in Zukunft weitere Angebote unterbreiten werden und dies auch positive Auswirkungen auf die Akzeptanz zeigen wird.
Hier liegt eine Zukunftsaufgabe, das Thema intern noch mehr zu kommunizieren. Wenn die Mitarbeitenden sehen, dass Nachhaltigkeit eben kein Verzicht, keine Verbote oder Einschränkungen bedeutet, sondern Vorteile mit sich bringt, wird das die Sichtweise noch einmal verändern.
Gibt es drei Dinge, die Unternehmen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit sehr schnell umsetzen können?
Ein erster, einfach zu realisierender Schritt ist die Umstellung auf Ökostrom.
Ein weiterer Schritt ist das Thema Raumtemperatur in den Arbeitsräumen. Eine Reduktion um ein bis zwei Grad kann schon enorme Einsparungen nach sich ziehen. Wichtig ist dabei: Niemand muss frieren, das ist die Priorität. Deswegen muss so etwas klar kommuniziert – und auch getestet – werden, um eine entsprechende Akzeptanz zu erzielen, aber es ist eine sehr wirksame Maßnahme.
Ebenfalls einfach zu realisieren ist es, bei der Auswahl von Dienstleistungs-unternehmen oder bei der Beschaffung genauer hinzuschauen. Neben kaufmännischer Qualität und Güte lassen sich auch Umwelt-Kriterien erfragen und berücksichtigen. Vielleicht gibt es andere Anbietende oder Produkte, die denselben Zweck erfüllen, die aber vielleicht in der Region und/oder besonders nachhaltig produziert werden?
Weitere Informationen zur Nachhaltigkeit der Debeka finden sich auch unter www.debeka.de/nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch in Betrieben wird nachhaltiges Handeln immer wichtiger. Doch wie zeigt sich Nachhaltigkeit im täglichen Betrieb? Welche Auswirkungen gibt es für Mitarbeitenden und die Geschäftsführung? Bringen die unterschiedlichen Aktivitäten, was von ihnen erwartet wird?
432Hz hat im Rahmen seines Themen-Specials „Nachhaltigkeit 2025“ verschiedene Expert*innen aus unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen, der Finanz- und Versicherungswelt sowie der Politik befragt und sie um ihren ganz persönlichen Blick auf die Welt der unternehmerischen Nachhaltigkeit gebeten, darunter Karl-Heinz Weber von der Sparkasse Koblenz, Christiane Zügner von der Handwerkskammer Koblenz, Jens Metzinger von der Debeka, Svetlana Thaller-Honold von BarmeniaGothaer EU-Politiker Axel Voss und Daniel Caspary sowie einige mehr.
Die Beiträge erscheinen nach und nach im 432Hz-Blog. Abonnent*innen unseres Newsletters haben später die Möglichkeit, alle Artikel, ergänzt mit nützlichen weiteren Informationen rund um die unternehmerische Nachhaltigkeit als umfangreiches PDF herunterzuladen.